Frauen in der IT – immer noch rar

Frauen in der IT

Die Diskussion um Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen ist so aktuell wie nie zu vor. Spätestens seit dem Woman‘s March, bei dem 2017 Frauen in den USA gegen die Regierung protestierten, findet das Thema regelmäßig in den Schlagzeilen statt.


Männerdomäne IT

Auch hierzulande erhitzen sich regelmäßig die Gemüter, wenn es um die Frage geht, warum so wenig Frauen in typischen Männerdomänen arbeiten wie beispielsweise in der IT-Branche. Wer auf IT-Messen unterwegs ist, fühlt sich schnell bestätigt. Männer weit und breit, vereinzelt Frauen, meist als Standpersonal, hin und wieder auf den Diskussionspodien. Manchmal trügt ein Eindruck. Doch gerade im IT-Segment lässt sich das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen auch mit Zahlen belegen.
 

Frauen in der IT

Der Index „Frauen in der IT-Branche 2018“ den das Unternehmen Honeypot veröffentlicht hat, bringt das Dilemma auf den Punkt. Die Studie verdeutlicht die Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Allgemeinen und im Speziellen in der IT-Branche. Zudem wurden der Anteil erwerbstätiger Frauen, das geschlechterspezifische Lohngefälle und die Jobmöglichkeiten für Frauen in der IT untersucht. Als Basis dienten 41 Länder der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) sowie der EU.
 

Großer Unterschied in Deutschland

Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd. Demnach beträgt das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der IT-Branche in Deutschland 25 Prozent. Hier ist die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen doppelt so hoch wie etwa in Belgien oder Frankreich. Dort liegt die Differenz bei 11,8 Prozent. Gleichberechtigung im IT-Sektor in Deutschland liegt weit hinter anderen westlichen Ländern zurück.

Während der Digitalverband Bitkom einen leichten Anstieg des Frauenanteils in der IT-Branche um 4 Prozent auf 28 Prozent im Jahr 2017 ausmacht, bedeutet das aber nur ein Wachstum auf niedrigem Niveau. Selbst Bulgarien kommt in diesem Segment auf einen Frauenanteil von 30 Prozent. Interessant ist, dass der Frauenanteil in den besonders bekannten IT-Unternehmen wie Apple, Google, Facebook und Amazon besonders niedrig ist. Laut Statista sind gerade mal 23 Prozent der Mitarbeiter Frauen. Bei Google beläuft sich der Anteil auf 20 Prozent, bei Facebook und Amazon liegt er bei je 19 Prozent.
 

Lohntransparenzgesetz für mehr Gleichberechtigung

Um die hohe Diskrepanz bei der Bezahlung von Männern und Frauen zu verkleinern, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr das Lohntransparenzgesetz eingeführt. Doch schon vor der Einführung wurde lange darüber diskutiert. Die Idee für das Lohntransparenzgesetz hatte die damalige Familienministerin Manuela Schwesig (SPD). Seit April 2017 ist sie Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.
 

Wenig Auswirkung

Wer aber glaubt, dass durch das Lohntransparenzgesetz genaue Gehaltszahlungen offengelegt werden müssen, irrt. Der Arbeitgeber muss das mittlere Gehalt einer geeigneten Vergleichsgruppe angeben. Das Auskunftsrecht greift aber erst ab einer Unternehmensgröße von mindestens 200 Mitarbeitern. Und auch nur dann, wenn mindestens sechs Kollegen des jeweils anderen Geschlechts die gleiche Arbeit ausüben. Somit gilt das Gesetz nicht für alle und klingt eher nach einem Tropfen auf den heißen Stein. Vor allem, wenn man bedenkt, dass von den ca. 3,5 Millionen aktiven Unternehmen in Deutschland laut Statista gerade mal 15.000 Firmen mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen. In der Kategorie 50 bis 249 Angestellte beläuft sich die Zahl auf 63.928. Für einen Großteil der Unternehmen gilt das Lohntransparenzgesetz nicht.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch ein Jahr nach der Einführung Frau nicht weiß, mit welchen Konsequenzen sie rechnen müsste, wenn sie auf ihr Recht beharrt. Mehr Lohngerechtigkeit wird es wohl kaum bringen, da der Aufwand, Gehälter zu vergleichen, zu groß ist. Zudem setzt es den Mut voraus, sich mit Arbeitgebern und Kollegen auseinanderzusetzen. Und das hat nicht jede, beziehungsweise jeder.
 

Woran liegt es?

Es bleibt also noch viel zu tun, bis der Frauenanteil und das Lohngefälle in der IT ein ausgeglichenes Verhältnis aufweisen wird. Aber warum besetzen Frauen nicht mal ein Drittel der Positionen in der IT?
 


Stereotype in Social Media Netzwerken

Um das zu ergründen, lohnt ein Blick auf Social Media Netzwerke wie YouTube oder Instagram. Eine aktuelle Studie der MaLisa-Stiftung – dahinter stecken Maria Furtwängler und ihre Tochter Elisabeth – kommt zu dem Schluss, dass auch dort in erster Linie Männer agieren. Auf YouTube etwa sind 69 Prozent der Hauptakteure männlich, nur 29 Prozent weiblich.

Dabei agieren die Akteure klassisch stereotyp. Männer agieren in Bereichen wie Unterhaltung, Games, Musik bis hin zu Comedy und Politik während Frauen in Segmenten wie Beauty, Mode Beziehung, Haushalt und Food aktiv sind. Die jungen Influencer und Influencerinnen sprechen damit unter anderem eine noch jüngere Zielgruppe an. In wie weit sich das stereotype Geschlechterdenken auf die IT-Branche auswirkt, vermag noch keine Studie zu sagen.
 

MINT-Fächer haben es schwer

Vor diesem Hintergrund mag es einleuchtend wirken, warum sich Frauen mit MINT-Fächern schwertun. Meinungsbildende Netzwerke propagieren ein ganz anderes Bild. MINT-Initiativen sind zwar auch in den Social Media Netzwerken vertreten, können aber nicht auf so große Follower-Zahlen zurückgreifen wie diverse Influencer mit geschlechtertypischen Accounts. MINT steht übrigens stellvertretend für die Begriffe, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.
 

Große Aufgaben

Mit speziellen MINT-Studiengängen – und Initiativen wie etwa Komm, mach MINT oder Roberta Initiative sollen junge Frauen und Mädchen in Deutschland für Fach- und Führungspositionen nicht nur in der IT-Branche gewonnen werden. Es gelten zwar die gleichen fachlichen Anforderungen wie in sonstigen Studiengängen. Aber es gibt andere Spielregeln in Lernteams. Pflichtveranstaltungen werden beispielsweise auf Kita-Öffnungszeiten abgestimmt.

Allerdings – und auch das ist erwiesen – Frauen in der IT bleiben in Deutschland häufig kinderlos. Das Statistische Bundesamt berechnete für das Jahr 2016 einen Anteil von 40 Prozent.
 

Weniger Gründerinnen

Der Blick auf die deutsche Gründerszene zeigt weitgehend ein identisches Bild wie in der IT-Branche. Nur 14,4 Prozent der deutschen Start-ups werden von Frauen gegründet. Vier Milliarden Euro an Risikokapital gingen der Studie Femal Founders Monitor in Deutschland an Gründer und Gründerinnen. Das ist im europäischen Vergleich durchaus eine beachtliche Summe. Global betrachtet aber eher wenig. In den USA und China fließt das Zehnfache in junge, innovative Unternehmen. Hinzu kommt, dass in Deutschland Fördergelder genderorientiert sind. Weniger als zehn Prozent der Fördersummen bekommen Gründerinnen.
 

Kreativ und sozial

Während Männer häufig in den Segmenten IT und Technik gründen, haben Gründerinnen häufig einen sozialen oder kreativen Hintergrund. Sie sind deswegen eher im E-Commerce und der Bildung tätig. MINT-Fächer sind bei Frauen jedoch noch unterrepräsentiert. Zudem glauben sie, dass die Digitalisierung weniger Einfluss auf ihr Geschäftsmodell hat. Scheitern Frauen mit ihrem Geschäftsmodell, versuchen es nur wenige ein zweites Mal.
 

Noch ein weiter Weg

Wahrscheinlich reicht es noch lange nicht aus, mit Initiativen und Programmen Frauen an männerdominierte Berufe heranzuführen. Ein wesentlicher Unterschied scheint auch die Persönlichkeitsstruktur von Männern und Frauen zu sein. Während Männer eher selbstbewusst an Unternehmensgründungen herangehen, sind Frauen zurückhaltender. Vielleicht müssen Frauen lernen, mehr Selbstbewusstsein aufbauen. Dies sollte schon im Kindergarten unterstützt werden, um stereortypes Denken aufzureißen.

Es ist also noch ein weiter Weg, bevor Männer und Frauen in der IT-Branche weitgehend genderneutral agieren werden.